Dienstag, 18. Dezember 2012

Presserückschau: Nürnberger Nachrichten & NZ


"Das Guantanamo der Bamberger Geschichte"


Die dunkle Zeit der Bamberger Stadtgeschichte
Hexenverfolgung - 03.12.2012 11:00 Uhr

BAMBERG  
- Hexenglaube, Hexenwahn, Hexenverfolgung: Diese Thematik war lange vergessen und wurde in den 70er Jahren von den Hippies aktualisiert. Die glaubten nämlich, dass die seinerzeit Verfolgten wie sie zu einer Subkultur gehörten, in der der alte heidnische Glaube fortlebte. Sie glaubten zudem, dass einige Mitglieder dieser Subkultur tatsächlich magische Kräfte besaßen – zumindest aber heilkundig waren.

Dass die Hexenverfolgung die Vernichtung der „weisen Frauen“ zum Ziel hatte – diese These wurde aber auch schon in der deutschen Romantik Anfang des 19. Jahrhunderts aufgestellt.


Belegen lässt sich dieser Glaube nicht. Halten wir uns an die Tatsachen und an die Ereignisse in unserer Heimat Franken. Hier nämlich spielte sich das traurigste Kapitel des Hexenwahns ab. Die Bischofsstadt Bamberg hält einen tragischen Rekord: Keine andere Stadt in ganz Europa hat so viele Menschen als Hexen und Zauberer gefoltert und verbrannt.

„Die Hexenbrenner von Franken“, so der Titel eines neuen Buches von Ralph Kloos und Thomas Göltl (Sutton-Verlag, 94 Seiten, 19,95 Euro), verschonten nicht einmal die Oberschicht ihrer Stadt. Zwischen 1626 und 1630 wurde fast der gesamte Stadtrat hingerichtet. Die Schicht der wohlhabenden Kaufleute wurde ebenfalls ausgelöscht.


Dies lässt vermuten, dass nicht allein religiöser Eifer die Hexenbrenner motiviert hat, sondern finanzielle Gier. Schließlich gab es den „Bamberger Gnadenzettel“: Wer unter Folter gestand, mit dem Teufel Buhlschaft getrieben, Hostien geschändet und Schadenszauber wider Vieh und Feld ausgeübt zu haben, war des Todes, konnte aber auf die „Gnade“ hoffen, nicht lebendig verbrannt, sondern zuvor vom Schwert geköpft zu werden. Die Gnade wurde freilich nur denen gewährt, die ihr gesamtes Hab und Gut dem Fürstbischof verschrieben...
Die Krönung des grausamen Treibens war eine architektonische: Die Bamberger Hexenbrenner ließen das „Malefizhaus“ bauen, eine Art Untersuchungsgefängnis, das nur einem einzigen Zweck diente: Verdächtigte so lange zu foltern, bis sie alles gestanden. Weil ein detailgenauer Kupferstich aus dem Jahr 1628 erhalten blieb, konnten die Autoren des als Anklage gedachten und geschriebenen Buches ein Computermodell des Foltergefängnisses erstellen, das man als das Guantanamo der Bamberger Geschichte bezeichnen kann.

Damit dieses Haus auch in vollem Umfang genutzt werden konnte, ersannen die Hexenbrenner neue, spezielle Foltermethoden wie das Bad in Kalklauge oder das „gefaltete Stüblein“, dessen gesamter Boden mit kleinen spitzen Pyramiden aus Holz überzogen war. Noch vor der eigentlichen Folter mussten die hilflosen Gefangenen stundenlang nackt in dieser Schmerzenskammer ausharren.

Ralph Kloos und Thomas Göltl plädieren dafür, dass Bamberg dem Beispiel anderer Städte wie zum Beispiel Köln folgt, sich für die Hexenjagd entschuldigt und die Verfolgten offiziell rehabilitiert. Auch eine Gedenkstätte für die mehr als tausend unschuldigen Opfer wäre wünschenswert.

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